Am nächsten Morgen wurden wir mit einer gigantischen Aussicht belohnt. Über den Wolken umgeben von lieben Menschen. Zum Frühstück bekamen wir sogar frische Erdbeeren von den Birdwatchern. Nach ausgiebigen Packen machten wir uns (berg)auf in die nächste Etappe. Erstmal hoch, T-shirt, dann gerade, dann mit Jacke, dann runter, dann mit Mütze und Windjacke bis wir mit gigantischem Ausblick von Meer uns Raubvögeln und Vulkan-Schneebergen belohnt wurden.
Das gute am Bergauffahren ist, dass es warm wird und definitiv auch irgendwann wieder runtergeht. Das gute am runterfahren ist, dass es endlich nicht mehr anstrengt und unheimlich viel Spaß macht. Also eigentlich ist Fahrradfahren immer gut, ob bergauf oder bergab!:D
Wir erreichten die 200 Kilometermarke, schossen ein topmotiviertes Foto um daraufhin freudestrahlend nach Chaitén einzufahren. Seit heute früh überlegten wir uns, ob wir uns wohl lieber mit Bier und Pizza oder mit Pancakes und Cappuchino (oder vielleicht allem zusammen?!:D) für die ersten harten Tage belohnen sollten. Als wir so in das süße Örtchen einrollten fühlte sich das irgendwie so garnicht nach Pizza und Pancakes an, sondern eher nach „Hoffentlich hat hier irgendein Dorfladen offen, damit wir nicht verhungern!!!“ Einer (!) hatte offen. Wir deckten uns für die nächsten Tage ein. Pasta, Gemüse, Obst, Wasser und tausend verscheidene Riegel, was sonst:D
Wir fuhren nochmal um zwei Ecken, um uns irgendwo was kochen zu können als wir plötzlich ein Saxophon wahr nahmen. Wo Musik ist, sind Menschen, wo Menschen sind ist hier meistens auch Essen! Und da war er der goldene Grahl, ein kleiner Imbiss mit Completas, Burgern, Sandwiches und Pommes, der offen hatte.
Viel zu viel haben wir bestellt und vor den gierigen Augen der Straßenhunde verschlungen. Mit vollen Bäuchen und leerer Motivation legten wir uns auf die Parkbank, genossen das Saxophonspiel des Straßenmusikers und dösten vor uns hin.
Nach einer kleinen Weile und einigem Verdauungsgrummeln später rafften wir uns auf, um noch die letzten Kilometer zu unserem ausgegucktem Schlafplatz zu meistern. Erneut wurden wir belohnt, denn es war der wohl schönste Teil der Reise bisher. Die asphaltierte Straße schlängelte sich sanft zwischen beschneiten Bergketten entlang und verlangte uns nicht einen Anstieg ab.
Und als es gerade so idyllisch war und unsere Räder und Gedanken so mühelos an Schwung gewannen, erspähte er uns schon von weitem…
Seit dem ersten Moment in Patagonien fragte ich Toni täglich: „Sag mal, was machen wir eigentlich, wenn dann irgendwann so ein aggressiver Straßenhund auf uns zurennt?“ Täglich kassierte ich die Antwort: „Hmm ja da gibt’s so Videos und Artikel, sollten wir uns mal informieren, aber ich glaub irgendwas mit groß machen und laut sein.“
Toni fuhr vor mir und der Hund startete seinen Sprint schon in 100 Metern Entfernung, steuerte zielgerichtet auf uns zu, fletsche die Zähne und bällte. Keinen Zentimeter wich er von seinem Ziel ab, wir… bzw wahrscheinlich erstmal Toni, denn er war näher. Das Einzige was ich dazu sagen kann ist, dass ich in völliger Schockstarre war, weiterfuhr und einfach nur Angst hatte. Keine Ahnung was ich tun sollte. Und gerade als meine Gedanken abdrifteten in ahhh die Tollwutimpfung wäre vllt doch ganz brauchbar gew…“Aaaaaaaaaahhhhhh“ schrie Toni, riss seinen Arm hoch und erneut „Aaaaaaaahhhhhh“ ganz unmenschlich, so einen Laut hatte ich noch nie aus seinem Mund gehört… Und der Hund war perplex… rannte aber weiter mit und bellte. Toni gab nicht auf…“Aaaaaaaaah“ … und er lies ab. Blieb stehen. Hätte ich zurückschauen können hätte ich den Hund bestimmt seinen Kopf schütteln sehen:D Aber ich war zu sehr damit beschäftigt abzuhauen und meinen Herzschlag wieder runterzubringen… Ein paar hundert Meter später hielten wir an und lachten los. Das war ein Schock. Aber anscheinend stimmte das mit dem „laut und groß“. Zumindest bei diesem Hund.
Nach einer kurzen Verdauungspause setzten wir die letzten Kilometer bis zum Eingang des Pumalin-Parks bei El Amarillo fort. Wir fuhren von dem kleinen Örtchen statt rechts der Carretera folgend nach links auf Schotter 10 Kilometer in den Park. Hier sind 4 Campingplätze. Der schönste sei der letzte. Zu der Zeit als wir da waren, war dieser leider noch gesperrt und so gaben wir uns mit dem Camping Grande zufrieden. Super schön und seeehr einsam, als wir da waren. Und wessen Auto erspähten wir da zwischen den Bäumen? Die Birdwatcher😊 Am Ende sind schnelle Räder so schnell wie langsame Autos:D (in dem Fall eher entspanntes Reisen und Zeitlassen vs immer in Bewegung sein😉)Exkurs Campingplätze in Nationalparks: Ich dachte ja an eine kleine Bar, kleine Hütten, Platz für Zelte, Klos, Duschen, Rezeption, viele Menschen. Aber zumindest in der Nebensaison sind die Plätze leer gewesen und Ranger kassieren nur (wenig) Geld, wenn sie da sind. Ansonsten besteht das Camping meist nur aus abgesteckter wilder Natur und einem Klo/Duschhaus. In dem Fall auch einem Unterstand aus Holz mit Tischen und Bänken. Also alles sehr basic aber genau das macht es ja aus, deswegen ist man ja hier in den Parks drinnen: Wegen der Natur.